
Neues Jugendportal des Handelsblatt: Orange oder Zitrone?
„Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ‘ne Gedichtanalyse schreiben.“, beschwerte sich eine Schülerin via Twitter. Was das Handelsblatt aus dieser Steilvorlage gemacht hat und wie wir „Orange“ beurteilen, haben Sabrina Rospert und Ulrica Griffiths aufgeschrieben.
Der Tweet machte Schlagzeilen – Jugendliche sind offenbar an wirtschaftlichen Zusammenhängen interessiert. Darauf hofft auch das Handelsblatt: Ende Oktober startete dessen neuen Ableger ,Orange‘, der die Jugend für Themen aus Wirtschaft und Politik begeistern will und so möglichst früh für die Verlagsgruppe gewinnen möchte.
Nun ist das Handelsblatt unter Jugendlichen nicht gerade für seine spannenden Inhalte bekannt. Diesem Ruf soll bei ,Orange‘ ein junges Team im Alter von 16 bis 22 Jahren entgegenwirken. Es greift die Inhalte des Muttermediums auf und gestaltet diese möglichst verständlich und ansprechend für ihre Altersgenossen. Die Artikel stellt ,Orange‘ nicht nur auf seinem Online-Auftritt, sondern auch per Social Media zur Verfügung: Auf Facebook, Twitter und Instagram, sogar per WhatsApp-Newsletter können sich die jungen Leser so über die neuesten Nachrichten aus Politik und Wirtschaft informieren.
Der Online-Auftritt von ,Orange‘ begeistert mit seinem jugendlichen, frechen Design – unterscheidet sich darin aber nicht von Konkurrenzangeboten wie zum Beispiel Byou, dem Teenie-Ableger der Bild. Wie möchte sich ,Orange‘ denn davon abgrenzen? „Wir verstehen ,Orange‘ nicht als Lifestyle- oder Funprodukt“, sagt Handelsblatt-Geschäftsführer Frank Dopheide zun Branchendienst Meedia. „Wir wollen nicht übertrieben ausgefallen, sondern jung und seriös sein.“ Die Jugendseite möchte also vor allem durch eine seriöse Aufmachung überzeugen und sich damit von der auf Lifestyle-Themen ausgelegten Konkurrenz abgrenzen.
Die auf ,Orange‘ angebotenen Artikel mit Neuigkeiten aus der Welt der Finanzen setzen sich auf jeden Fall mit ernsthaften Themen auseinander. Allerdings sind die Berichte sehr kurz gehalten und vermitteln kaum Hintergrundinfos und nähere Details. Kurz gesagt: Es mangelt ganz klar an der notwendigen Tiefe. Entgegen dem Konzept finden sich in der Kategorie ,Buntes‘ zudem Artikel zu Gossip-Themen und Lifestyle. Ganz ohne Klimbim glaubt der neue Jugendableger des Handelsblatt also nicht auszukommen.
Grundsätzlich verbirgt sich hinter der Idee von ,Orange‘, Wirtschaftsnews gezielt für Jugendliche aufzubereiten, ein guter Ansatz. Ob die Jugendseite sich derzeit von ähnlichen Angeboten abgrenzen kann und ob es klug ist, auf Videos zu verzichten, ist allerdings fraglich.